Wolfram B Meyer
Schauspieler, Sänger, Coach, Autor

Theaterpädagogik

Neben meiner künstlerischen Arbeit am Theater habe ich auch immer wieder im theaterpädagogischen und theatertherapeutischen bzw. Coaching Bereich zu tun. Ich finde an diesen Bereichen hochinteressant, dass man mit Hilfe von Theater in seinen zahlreichen Darstellungsformen bestimmte Ziele erreichen kann. Die Theaterpädagogik ist dabei eine ganz eigenständige Disziplin, die künstlerische, pädagogische und therapeutische Methoden nutzt.

Klar ist die Beschäftigung der Theater mit der Theaterpädagogik zunächst auch ganz eigennützig, denn die Vermittlung von Kultur ist wichtig, um unser zukünftiges Publikum zu erhalten. Allein die Freude am theatralen Spiel weckt und fördert die Ausdrucksmöglichkeiten von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen und eröffnet den Teilnehmenden Zugänge zur Theaterkunst.


Die Beschäftigung mit der Kunst – hier im speziellen die darstellenden Künste – kann aber weit mehr und ist unverzichtbarer Bestandteil der menschlichen Entwicklung. Menschen haben schon musiziert, getanzt und gemalt, bevor sie gesprochen haben, wahrscheinlich hat sich Sprache und somit moderne Kommunikation daraus erst entwickelt. Theaterspielen wurde schon vor tausenden von Jahren zur Heilung genutzt. Und auch jetzt haben Kunst und Kultur in der heutigen Gesellschaft eine zentrale Bedeutung: Sie stärkt den gesellschaftlichen Zusammenhalt und stiftet Identität.
Menschen haben eine einzigartige Eigenschaft, sie können lernen und sich über sich selbst hinaus entwickeln. Wir sind nicht in erster Linie an Instinkte gebunden. Unsere Gesellschaft strebt nach einem friedlichen miteinander und nach Glück. Leider ist das moderne Leben immer mehr durch intellektuelle Anforderungen geprägt, der Alltag geht mit Anhäufung von Informationen einher. Eine positive Entwicklung findet aber nur in Verbindung mit Erfahrungen statt.

Auf der Bühne und in der Musik geht es mir schon immer darum, Menschen um Erfahrungen zu bereichern, die sie vorher so nie hatten. Die Musik hat ihre eigene Sprache, die ganz deutlich ausdrückt, was man mit Worten nicht sagen kann. Ich sehe es als meine eigentliche Berufung an, Menschen mit Kunst zu bewegen und zu berühren, so dass sie sich der Musik öffnen können.

Viele Menschen haben keinen Zugang zu solchen Erfahrungen, aber gleichzeitig fragt sich alles, wo bleiben unsere Social-Skills?
Bildung ist mehr als nur Informationen sammeln. Wir Menschen brauchen Entwicklung, zur Menschwerdung im besten Sinne. Ganz besonders Kinder brauchen eine gute Entwicklung, alleine um zu lernen, wie man lernen kann, um den Spaß an der Entwicklung zu erfahren und ein Leben lang Erfüllung an diesem persönlichen Wachstum zu finden.

Bei der Beschäftigung mit Musik finden Menschen einen Zugang zu einem anderen Zustand, der ihnen neue Erfahrungen, neue Wege und somit eine Erweiterung der eigenen Identität ermöglicht. Theaterspielen ist Leben im Reagenzglas. Man kann alles mögliche ausprobieren, immer anders wiederholen, ohne Gefahr. Dabei kann man viel über Kreativität, Kommunikation, Demokratie, Freiheit usw. spielend lernen. Vorurteile bleiben dabei sehr schnell auf der Strecke.

Erwiesenermaßen geht das aber noch weiter: Die aktive Beschäftigung mit der Kunst, das Machen, die eigenen Erfahrungen, stärken das Immun System, wirken psychosomatischen Krankheiten entgegen und tragen viel zu einer besseren Selbstwahrnehmung und einem besseren Selbstwertgefühl bei. Selbstmordraten sinken!


Für mich ist es immer wundervoll zu beobachten, wie sich die Teilnehmer, besonders die Kinder im Laufe einer interaktiven Aufführung oder eines Workshops positiv verändern. Und natürlich kann ich bei der Gelegenheit selbst immer viel von den Teilnehmern lernen! 

 Theaterpädagogisches Projekt über Goethe und Schiller

"Der Mensch ist nur da ganz Mensch, wo er spielt." - (Friedrich von Schiller, 1759 - 1805)

Wie bin ich nur darauf gekommen, ein Theaterpädagogisches Projekt über Goethe und Schiller
für 3. und 4. Klassen zu machen?

Bildung - und somit auch Schule - ist für mich Menschwerdung, der Prozess der menschlichen Entwicklung. Ich wünsche mir, dass Kinder etwas anderes kennen lernen, etwas, womit sie selten in Berührung kommen, etwas, dass mehr als reine Information und mehr als Kommerz und die Reaktion auf Social Media ist.
Es ist mir sehr wichtig, dass Kinder möglichst früh mit Theaterspielen und künstlerischem Schaffen in Berührung kommen, weil das, wie kein anderes Mittel eine gesunde Persönlichkeitsentwicklung fördert. Zum einen bietet es die gesunde Wahrnehmung der eigenen Person, zum anderen ein Bewusstsein für die Kultur, die uns als Mensch zum Erfolg bringt.

Der Mensch sieht sich immer wieder als die Krone der Schöpfung, das Maß aller Dinge an und erliegt der Illusion, die Dinge zu beherrschen, alles unter Kontrolle zu haben und im Zentrum des Universums zu stehen. Im besten Falle fühlt er diesbezüglich eine Verantwortung. Das trifft aber nur dann zu, wenn der Mensch mehr ist, als nur seine Biologie.
Der Mensch hat im Unterschied zum Tier ein hohes Bewusstsein und kann über das, was er wahrnimmt reflektieren und sich austauschen. Die Fähigkeit, sich über seine Biologie hinweg setzen zu können, ist das Besondere am Menschen. Ohne diese Fähigkeit, ist der Mensch nur ein schlechteres Tier. Viele Tiere wären uns dann rein biologisch überlegen. 

Die Fähigkeit sich zu überlegen, wie kann ich Versorgung in der Zukunft sicherstellen, wie kann ich die Gruppen schützen, etc. sind das Erfolgsprinzip des Menschen. Daraus erwächst gleichzeitig die Verantwortung diese menschliche Entwicklung weiter zu führen und zu schützen. Unsere Kultur im Allgemeinen und als treibende Kraft die Kunst im Besonderen, hat schon immer als Motor unserer menschlichen Entwicklung gewirkt.

Es ist mir wichtig, dass Kinder diesen Ursprung kennen lernen und deren Wert früh verinnerlichen. Damit sie verstehen, dass Leben und Wirken von Künstlern wie Goethe und Schiller einen wichtigen Einfluss auf die positive Entwicklung in unserem Land hatten. Dass besonders durch die Wirkung des Theaters bahnbrechende Gedanken an die Menschen dieser Zeit herangetragen wurden und begeisterten. Es war diese Begeisterung, die nachhaltig positive Veränderungen bewirkten und zu einer Entwicklung hin zu demokratischen und sozialen Werten und im Endeffekt hin zu Demokratie, zur Weimarer Republik und schlussendlich zu unserer Verfassung führten, wo es darum geht, dass der Große den Kleinen schützt und dass es eine Sicherheit gibt, durch die wir uns nicht nur ums Überleben sorgen müssen, sondern positive Projekte angehen können, von denen alle profitieren. Dieses führte zu dem Wohlstand - also Gerechtigkeit und Grundversorgung für alle - von dem wir heute selbstverständlich leben.

Wir leben in einer Zeit, in der wir zwar die Vorteile dieser Entwicklung nutzen, es fehlt aber das Bewusstsein dafür, etwas für die Werte, die dazu geführt haben tun zu müssen. Es herrscht ein allgemeiner Aberglaube, dass nur materielle Dinge, wie zum Beispiel Geld, zählen und nur diese unser Überleben und den Wohlstand sicherstellen. Unser Zeitgeist suggeriert, dass wir in einer Art Überlebenskampf seien und dass nur der Stärkere gewinnt. Mit dieser Einstellung mutiert der Mensch zu einem Ungeheuer. Solche Strömungen führen immer zu Krieg. Derartige Vorstellungen können wir uns aber eigentlich nur leisten, weil wir in einem Wohlstand leben, der wiederum seinen Ursprung in einer positiven, sich entwickelnden Kultur hat.

Wenn unsere Kinder den Wert dieser treibende Kraft der Kunst nicht erkennen, nicht erkennen dass es wichtig ist diese menschlichen Werte weiter zu führen, werden sie nicht für die Erhaltung der Werte wie Frieden Freiheit und Wohlstand kämpfen können. Es ist wichtig, dass sie verstehen, dass die Verfassung nicht nur irgendein Gesetz, sondern auch eine Überzeugung ist, die immer wieder erkämpft werden will.

Im Theaterspielen, können Kinder ihre eigenen Emotionen als ungefährlichen Teil ihrer selbst erfahren. Dieses ist wichtig für eine gesunde Persönlichkeitsentwicklung. Das Theaterspielen bietet eine sichere Gelegenheit, die eigenen Emotionen auszuprobieren, wahrzunehmen und einzuordnen, ohne schlimme Konsequenzen fürchten zu müssen. Die gespielte Rolle und die zu erzählende Geschichte, schafft eine überschaubare Distanz. Unerwünschte Eigenschaften müssen so nicht unterdrückt werden. Unterdrückung hat in der Geschichte des Menschen immer wieder zu krankhaften Verformungen der Psyche und gesellschaftlich radikalen Explosionen geführt.

Freiheit und freie persönliche Entwicklung sind keine Selbstverständlichkeit. So wie unser Körper jeden Tag der Erdanziehungskraft widerstreben muss, ohne die er aber stirbt, muss der Mensch täglich für seine Freiheit einstehen, sie praktizieren, darüber reden, daran glauben, sonst verliert er sie. Freiheit ist wie eine Ressource, die aufgebraucht wird, wenn man nicht dafür einsteht.

Wir werden nur für Frieden und Freiheit kämpfen, wenn uns unser Leben etwas wert ist. Kunst schafft solche Werte auf lange Sicht. Kommerz ist wie eine Droge, man braucht immer mehr davon. Das schafft keinen Wert, ist auf die Dauer nicht lebenswert.

Freiheit heißt, auf das Recht des Stärkeren pfeifen zu können. Und nur eine Gesellschaft, die das unterstützt, ist lebenswert für alle und nur so entsteht echter Wohlstand.

Wenn wir wollen, dass unsere Kinder in dem gleichen Wohlstand, also in guter Versorgung, in Freiheit und in Sicherheit, aufwachsen, müssen wir ihnen auch beibringen diese Werte verteidigen zu wollen. Aber wozu sollten sie für ein Leben kämpfen, wenn es für sie keinen Wert hat?

Kinder brauchen kulturell hochwertige Erfahrungen für ihre gesunde geistige und physische Entwicklung. Das ist eine Investitionen in die Zukunft, die wir uns nicht leisten können, zu versäumen. Denn die Kunst und insbesondere das Theater waren schon immer Advokat und Motor der Werte und der Entwicklung, die das Leben lebenswert machen und durch die wir uns den Titel "Mensch" erst verdienen können.
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"Denn die Kunst ist eine Tochter der Freiheit, und von der Notwendigkeit der Geister,
 nicht von der Notdurft der Materie will sie ihre Vorschrift empfangen
." - (Friedrich von Schiller, 1759 - 1805)
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